

„Tja, an meine Abwesenheit wirst du dich schleunigst gewöhnen müssen.“
Samuel Regnard, Aimées älterer Bruder und Alains Gesinnungsgenosse im Kampf für eine Republik, wird bereits in einigen kurzen Szenen in Band 1 – Jean – in dem Fortsetzungsroman „Im Sturm der Revolution“ eingeführt. Man erfährt nicht viel von ihm, doch der Hunger nach Veränderung treibt ihn von seiner Familie fort und an ferne Orte. Er ist bereit, für sein Land Frankreich alles zu geben und auch sein Leben zu riskieren. Sein Charakter zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte, der seine Erlösung erst am Ende finden wird.
Den ernsten Blickwechsel zwischen ihm und ihrem Vater, der nun folgte, konnte sie nicht einordnen. Samuel räusperte sich. „Es tut mir leid, meine Kleine. So lange kann ich meine Abreise nicht aufschieben. Ich kann hier nur ein paar Tage bleiben, höchstens eine Woche. Das hängt vom Wetter ab. Eigentlich war dieser Zwischenstopp auch nicht geplant, aber ich hatte in der Nähe etwas zu erledigen. Um mich von eurem Wohlergehen zu überzeugen, bin ich hergekommen.“ Mit einem lässigen Lächeln kehrte er an den Tisch zurück. „Übernächste Woche werde ich in Lyon erwartet. Von Robespierre persönlich.“ Das sagte er zu der Männerrunde, und es schien, als hätte er ihre Anwesenheit schon wieder vergessen. Ein wenig beleidigt verschränkte Aimée die Arme vor der Brust.
„Schade.“ Sie ließ die Schultern hängen und ging auf Alain zu, der direkt am Tisch stehen geblieben war, um sie zu grüßen. Auch jetzt, als er sich über ihre Hand beugte, wirkte er abwesend.
„Mach es dir mit deinem Mann nicht zu gemütlich, kleine Schwester. Es wird nicht lange dauern, bis wir auf Alain nicht mehr verzichten können.“ Samuels Worte lösten bei der jungen Frau ein inneres Zittern aus.
„Das verstehe ich nicht. Wobei könnte euch Alain schon helfen?“
Samuel zog belustigt die Augenbrauen in die Höhe. „Deine Unwissenheit überrascht mich nicht. Möge sie sich auch in Zukunft nicht ändern. Trotzdem will ich dir eine Antwort geben. Im Kampf für die Durchsetzung von Diderots Enzyklopädie brauchen wir jeden Mann.“
Seine Worte klangen kryptisch in Aimées Ohren, die ratlos den Blick ihres Verlobten suchte. Sowohl die Besorgnis, die darin zum Ausdruck kam, als auch das Unverständnis ließen ihn beschwichtigend abwinken. „Es wird noch eine Weile dauern, bis es so weit ist. Wahrscheinlich ein paar Jahre. Kein Grund, dich jetzt schon damit zu belasten.“